AufwandschätzverfahrenDie Schätzung des Aufwands eines Projekts gehört zu den schwierigsten Aufgaben des Projektmanagements; dies gilt insbesondere für Softwareentwicklungsprojekte. Die entwickelten Verfahren versuchen, durch einen definierten Prozess und durch Darstellung der relevanten Aspekte eine adäquate Genauigkeit der Schätzungen zu ermöglichen. Der Ansatz der Aufwandschätzung und der AufwandschätzverfahrenEine detaillierte Schätzung des Aufwands ist i.d.R. in einem sehr frühen Projektstadium bzw. vor dem eigentlichen Projektbeginn erforderlich, um eine Einschätzung der Kosten zu erhalten und um auf dieser Basis über die Durchführbarkeit des Projekts aus wirtschaftlicher Perspektive bzw. über die Höhe eines (Festpreis‑)Angebots zu entscheiden. Außerdem erfolgen auf der Basis des geschätzten Aufwands die Zeit‑ und die Ressourcenplanung. Während der Projektdurchführung sollte die Aufwandschätzung kontinuierlich aktualisiert werden, um dem Projektmanagement die Möglichkeit zu gegensteuernden Maßnahmen insbesondere bei einem ursprünglich zu gering geschätzten Aufwand und damit Zeitbedarf zu ermöglichen. Nach Abschluss des Projekts sind im Rahmen des Projektcontrollings die tatsächlich angefallenen Aufwände den geschätzten Aufwänden gegenüberzustellen. Abweichungen von diesen geschätzten Aufwänden sind gerade bei Softwareentwicklungsprojekten häufig nicht zuletzt dadurch begründet, dass sich im Laufe des Projekts die Anforderungen verändern (sog. Moving Target). Bei Softwareprojekten, die im Folgenden im Fokus liegen, entstehen Hardwarekosten und Softwarekosten für die bei der Entwicklung eingesetzten Computersysteme und Entwicklungswerkzeuge, Reisekosten und Personalkosten. Eventuell kommen Schulungskosten und Kosten für externe Berater hinzu. Außerdem müssen dem Projekt anteilig die Kosten der Gesamtorganisation zugeordnet werden, die sich durch die genutzten Räume einschließlich Heiz- und Energiekosten, die genutzten Netzwerke, unterstützendes Personal (technisches Personal, Buchhaltung usw.), Versicherungen etc. ergeben. Den bei weitem größten Anteil der Gesamtkosten eines Projekts besitzen typischerweise die Personalkosten des Projektteams. Deshalb bestehen die frühen Verfahren der Aufwandschätzung darin, die Anzahl der Programmzeilen (LOCs, Lines of Code) des zu entwickelnden Systems zu schätzen. Dividiert durch die durchschnittliche Programmierproduktivität der Entwickler ergibt sich der Aufwand für die Implementierung in Personentagen. Durch Aufschläge für die anderen Phasen des Projekts, das Projektmanagement und den Kommunikationsoverhead kann der zu erwartende Gesamtaufwand berechnet werden. Die größte Schwierigkeit bei der Vorgehensweise besteht in der Schätzung der LOCs; diese Schwierigkeit wird heute noch dadurch erhöht, dass ein erheblicher Anteil der Zeilen eines Anwendungssystems von der Entwicklungsumgebung generiert wird bzw. durch vorgefertigte Komponenten bereitgestellt wird. Bei Software-Reengineering-Projekten besteht die Schwierigkeit allerdings nicht, da der Programmcode bereits vorliegt. Ansätze für Aufwandschätzverfahren
Insgesamt werden folgende grundlegende Ansätze zur Aufwandschätzung unterschieden (vgl. [Sommerville 2010]):
Maßgeblich für die Genauigkeit der drei erstgenannten Ansätze sind die entsprechenden Erfahrungen der Schätzer sowie bei dem ersten und dritten Ansatz die Qualität der zur Verfügung stehenden Datenbasis. Die Schätzung kann bei den drei erstgenannten Ansätzen ausgehend vom Gesamtsystem top-down oder ausgehend von den Systemkomponenten bottom-up durchgeführt werden. LiteraturBundschuh, Manfred ; Fabry, Axel: Aufwandschätzung von IT-Projekten. 2. Auflage. Bonn : Mitp-Verlag, 2004. McConnel, Steve: Software Estimation: Demystifying the Black Art. 1. Auflage. Redmond, Washington : Microsoft Press, 2006. Sommerville, Ian: Software Engineering. 9. Auflage. München : Pearson Studium, 2010.
Autor![]() Prof. Dr. Stefan Eicker, Universität Duisburg-Essen, Institut für Informatik und Wirtschaftsinformatik (ICB), Universitätsstraße 9, 45141 Essen |