Evaluationsregeln
On-Line Analytical Processing repräsentiert eine Software-Technologie, die Managern wie auch qualifizierten Mitarbeitern aus den Fachabteilungen schnelle, interaktive und vielfältige Zugriffe auf relevante und konsistente Informationen ermöglichen soll [Gluchowski, Gabriel, Dittmar 2008, S. 144]. Im Vordergrund stehen dabei dynamische und multidimensionale Analysen auf historischen, konsolidierten Datenbeständen. Durch die gewählte Begrifflichkeit werden OLAP-Systeme bewusst von OLTP-Systemen abgegrenzt, die transaktionsorientiert die Abwicklung der operativen Geschäftstätigkeit unterstützen [Gluchowski, Chamoni 2010, S. 199].
Als Leitbild wurden zwölf Evaluationsregeln [Codd, Codd, Salley 1993] definiert, die bei Erfüllung die OLAP-Fähigkeit von Informationssystemen garantieren sollen:
- Mehrdimensionale konzeptionelle Perspektiven
- Transparenz
- Zugriffsmöglichkeit
- Stabile Antwortzeiten bei der Berichterstattung
- Client- / Server-Architektur
- Grundprinzipien der gleichgestellten Dimensionen
- Dynamische Verwaltung „dünnbesetzter“ Matrizen
- Mehrbenutzerfähigkeit
- Unbeschränkte kreuzdimensionale Operationen über Dimensionen hinweg
- Intuitive Datenmanipulation
- Flexibles Berichtswesen
- Unbegrenzte Dimensions- und Aggregationsstufen
Multidimensionalität
Als zentrales Gestaltungsparadigma entscheidungsunterstützender
Informationssysteme postuliert das Konzept des On-Line Analytical Processing
(OLAP) die Multidimensionalität [Chamoni,
Gluchowski, Hahne 2005, S. 21] und verspricht damit, das
Geschäftsverständnis von Fach- und Führungskräften bzw. deren mentales Abbild
des eigenen Unternehmens besonders gut zu repräsentieren.
Unter Multidimensionalität ist hierbei eine bestimmte Form der
logischen Anordnung quantitativer, betriebswirtschaftlicher Größen zu
verstehen, die betriebswirtschaftlich relevantes Zahlenmaterial simultan
entlang unterschiedlicher Klassen logisch zusammengehöriger Informationsobjekte
aufgliedert und dadurch mit der naturgemäß mehrdimensionalen Problemsicht der
Unternehmensanalytiker weitgehend korrespondiert. Bedeutsame Dimensionen sind
z. B. Kunden, Artikel und Regionen, entlang derer sich betriebswirtschaftliche
Kenngrößen (wie etwa Umsatz oder Deckungsbeitrag) im Zeitablauf untersuchen
lassen. Als charakteristisch erweist sich, dass die Elemente einer Dimension
hierarchische Beziehungen aufweisen und dadurch Navigationspfade für den
Endanwender wie auch Verdichtungspfade für die zugehörigen Zahlenwerte bestimmt
werden (Umsatz einer Artikelgruppe als Summe der Umsätze zugehöriger
Einzelartikel) [Oehler 2006, S. 136-142].
Versinnbildlicht erscheinen dem Anwender die zu untersuchenden
betriebswirtschaftlichen Größen dann als Sammlung multidimensionaler Würfel
(Cube oder auch Hypercube) [Kemper, Baars, Mehanna 2010, S. 101f.].
Navigation
Innerhalb der angelegten und befüllten Würfelstrukturen kann
der Anwender frei navigieren und sich beispielsweise beliebige Ausschnitte des
Datenbestandes in flexibler Anordnung am Bildschirm durch einfache Mausaktionen
anzeigen lassen.
Dazu wird zunächst die Möglichkeit eröffnet, beliebige Elemente
der angezeigten Dimensionen ein- oder auszublenden („Ranging“), um sich dadurch
auf die besonders interessanten Elemente zu konzentrieren. Überdies ist die
Option zur Änderung der Schnittebene durch den Würfel gegeben („Slicing“). Als
weitere interaktive Technik steht das Rotieren bzw. Pivotisieren des
Datenwürfels („Rotation“) zur Verfügung, bei dem der Datenkubus in alle
Richtungen drehbar ist, um aus verschiedensten Perspektiven auf den
Informationsfundus blicken zu können [Oehler 2006, S. 27f.].
Zudem wird fast durchgängig die Tiefensuche mittels “Drill-Down”
bzw. “Drill-In” unterstützt, indem durch Mausklick weitere Hierarchieebenen bis
hinunter auf die Basiselemente und damit auf die atomaren Werte des
Zahlenwürfels dargestellt werden können (vgl. Abbildung 1). Ein “Drill-Out”
bzw. “Roll-Up” durch das Ausblenden niedrigerer Verdichtungsstufen lässt sich
ebenso leicht erzielen.

Abb. 1: Drill-Down-Operation
Speichertechnologien
Bei der Ausgestaltung von OLAP-Systemen nehmen die verwendeten
Speicherkomponenten eine zentrale Position ein. Schließlich wird durch die
Leistungsfähigkeit der eingesetzten Datenbanksysteme das Antwortzeitverhalten
des Gesamtsystems in erheblichem Maße bestimmt. Zudem determinieren die
angelegten Datenstrukturen nicht zuletzt die Existenz und Verknüpfbarkeit
relevanter Datenobjekte. In Abhängigkeit von der gewählten Architekturform und
der Aufgabenstellung können in multidimensionalen Systemumgebungen
unterschiedliche Typen von Speicherkomponenten zum Einsatz gelangen.
Einerseits werden spezielle Datenbanksysteme genutzt, die
vollständig – auch hinsichtlich der physikalischen Datenorganisation – auf die
multidimensionale Denkweise ausgerichtet sind, um zusätzliche
Geschwindigkeitsvorteile zu aktivieren (MOLAP). Auf der anderen Seite erfolgt
ein Einsatz der aus dem operativen Umfeld bekannten und ausgereiften
relationalen Speichertechnologie auch für multidimensionale Anwendungen (ROLAP).
Ein simultaner Einsatz von relationalen und multidimensionalen
Speichertechnologien in einer Lösung mündet in der Begrifflichkeit hybrides
On-Line Analytical Processing (HOLAP).
Literatur
Chamoni,
Peter; Gluchowski, Peter; Hahne, Michael: Business Information Warehouse,
Berlin u. a.: Springer, 2005.
Codd, Edgar
F.; Codd, Sally B.; Salley, Clynch T.: Providing OLAP (On-Line
Analytical Processing) to User-Analysts: An IT-Mandate. White Paper. o.
O. 1993, URL z. B. http://www.uniriotec.br/~tanaka/SAIN/providing_olap_to_user_analysts.pdf,
Abruf am 15.01.2019.
Gluchowski, Peter; Chamoni, Peter: Entwicklungslinien
und Architekturkonzepte des On-Line Analytical Processing, in: Chamoni, Peter;
Gluchowski, Peter (Hrsg.): Analytische Informationssysteme. Business
Intelligence-Technologien und –Anwendungen. 4. Aufl., Berlin u. a.:
Springer, 2010, S. 197 - 225.
Gluchowski, Peter; Gabriel, Roland; Dittmar, Carsten:
Management Support Systeme und Business Intelligence, Computergestützte Informationssysteme
für Führungskräfte und Entscheidungsträger. 2. Aufl., Berlin u. a.: Springer,
2008.
Kemper, Hans-Georg; Baars, Henning; Mehanna, Walid:
Business Intelligence - Grundlagen und praktische Anwendungen, 3. Aufl., Wiesbaden:
Vieweg, 2010.
Oehler, Carsten: Corporate Performance Management mit
Business Intelligence Werkzeugen. München, Wien: Hanser, 2006.
Autor
Prof. Dr. Peter Gluchowski, Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Professur Systementwicklung / Anwendungssysteme, Thüringer Weg 7/225, 09126 Chemnitz
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