Betrieb von AnwendungssystemenDer Beitrag erläutert den Betrieb von Anwendungssystemen aus der Perspektive eines Geschäftsprozesses und verweist auf die Organisation und den Service Support zum Betrieb von Anwendungssystemen. BegriffAnwendungssysteme (AwS) sind maschinelle Aufgabenträger für Aufgaben des betrieblichen Informationssystems. Ein AwS besteht in der Regel aus den Schichten (a) Hardware-System (Prozessoren, Speicher, Kommunikationskanäle), (b) Systemsoftware (Betriebssysteme, Datenbanksysteme, Kommunikationssysteme) und (c) Anwendungssoftware, die die Lösungsverfahren von Aufgaben beinhaltet (z.B. Office-Systeme, ERP-Systeme). Ein AwS kommuniziert bei der Durchführung betrieblicher Aufgaben mit Personen als Nutzer eines AwS, mit weiteren Partner-AwS eines integrierten AwS-Verbundes oder mit Maschinen, um diese zu steuern und zu kontrollieren. Vollautomatisierte Aufgaben werden von einem oder mehreren AwS im Verbund durchgeführt, teilautomatisierte Aufgaben beziehen auch Personen als Aufgabenträger ein. Die Spannweite der Architekturen von AwS reicht von monolithischen, am Arbeitsplatz eines Nutzers installierten Systemen (z.B. Office-Systeme) bis zu komplexen verteilten Systemen, die zahlreiche Server und Clients sowie Dienste unter Nutzung des Internets einschließen (z.B. Enterprise-Resource-Planning-Systeme, Flugreservierungssysteme unter Nutzung von Webservices). Ein AwS ist in Betrieb, wenn es eine Aufgabe durchführt oder bereit ist, eine Aufgabe durchzuführen. Der Betrieb von AwS, insbesondere umfangreicher AwS, erfordert ein organisatorisches Umfeld, das gemäß den Konzepten für Geschäftsprozesse zu gestalten ist (Abb.1). Als Empfehlung für die Gestaltung des Betriebs von AwS liegen Referenzmodelle vor, die in breitem Umfang genutzt werden. Besonders häufig genutzt wird das Referenzmodell ITIL (IT Infrastructure Library). Abb. 1: Geschäftsprozess Betrieb eines AwS (Darstellung gemäß SOM-Methodik) Organisation des BetriebsDen Auftrag zum Betrieb eines AwS erteilt ein Lenkungssystem, das den AwS-Betrieb steuert und überwacht. Bei dezentralen AwS am Arbeitsplatz eines Nutzers übernimmt diese Lenkungsaufgabe der Nutzer selbst, bei zentralen AwS eine Organisationseinheit, die als Systemadministration o. ä. bezeichnet wird. Auftraggeber des Lenkungssystems sind entweder (1) ein Nutzer, der hier in Personalunion mehrere Rollen übernimmt, (2) die Unternehmensleitung oder Fachabteilungen, die für die von einem AwS durchzuführenden Aufgaben zuständig sind, oder (3) unternehmensexterne Auftraggeber, wenn ein AwS als Dienstleistung für Kunden betrieben wird. Auftraggeber und Lenkungssystem schließen für den Betrieb von AwS eine Rahmenvereinbarung in Form eines Service-Level-Agreement (SLA), in der festgelegt sind: (1) die zu erbringenden Leistungen, (2) Verantwortungen beider Partner, (3) Zeit, Art und Umfang der Leistungserbringung, (4) Melde- und Prüfmethoden der Leistungserbringung, (5) Regelungen bei Ausnahmen und Störungen, (6) Preise, (7) Vertragslaufzeit und (8) Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung des SLA. Die von einem AwS erbrachten Leistungen werden zur Abstimmung mit dem Auftraggeber u.a. anhand folgender Kennzahlen und Aggegrate dieser Kennzahlen erfasst:
Die organisatorische Zuständigkeit für den Betrieb und die Lenkung des Betriebs eines AwS variiert mit dem Typ eines AwS. Für dezentrale AwS, die am Arbeitsplatz des Nutzers installiert sind, wie z.B. Office-Systeme, sind die Nutzer häufig selbst zuständig. Zentrale AwS für den Mehrbenutzerbetrieb wie z.B. ERP-Systeme benötigen eine Systemadministration, die den AwS-Betrieb steuert und überwacht. Bei unternehmensübergreifenden AwS ist die Abstimmung mit Partner-Dienstleistern erforderlich. Die Systemadministration ist in eine IT-Abteilung eingebunden, die zentrale IT-Systeme eines Unternehmens betreut. Die IT-Abteilung ist dem Organisationsbereich des Informationsmanagements oder IT-Managements zuzuordnen. Die Aufgaben der Systemadministration werden entsprechend der Differenzierung eines AwS in Hardware, Systemsoftware und Anwendungssoftware in eine technische (Hardware und Systemsoftware) und fachliche (Anwendungssoftware) Betreuung gegliedert. Unternehmensübergreifende Organisation des AwS-Betriebs Betreibende und nutzende Organisationseinheiten eines AwS gehörten bisher in der Regel gemeinsam zu einem Unternehmen (Eigenbetrieb von AwS). Zukünftig werden diese beiden Organisationseinheiten auch unterschiedlichen Unternehmen zugeordnet sein (Fremdbetrieb von AwS). Im Fall des Application Service Providing betreibt ein Unternehmen ein AwS im Auftrag eines nutzenden Unternehmens. Im Konzept des Cloud-Computing wird diese Dienstleistung verallgemeinert. Ein nutzendes Unternehmen kann fremdbeziehen (1) entweder nur die Leistungen der IT-Infrastruktur (Infrastructure as a Service IaaS), oder (2) die Leistungen einer Entwicklungsplattform (Platform as a Service PaaS) oder (3) die Leistungen eines AwS (Software as a Service SaaS). Die Vorzüge dieses Konzeptes bewirken, dass Cloud-Computing für Leistungen zwischen Unternehmen (Public Cloud) als auch innerhalb eines Unternehmens durchgeführt wird (Private Cloud). Service SupportDer Betrieb eines AwS wird von Störungen beeinflusst. Störungsquellen sind
Zur Behandlung von Störungen ist ein breites Spektrum von Maßnahmen erforderlich. Maßnahmen zur kurzfristigen Wiederherstellung eines AwS-Betriebs werden organisatorisch im Service Support als Teil des Lenkungssystems AwS-Betrieb zusammengefasst. Dieser Aufgabenbereich nimmt Störungsmeldungen entgegen und versucht, die Betriebsbereitschaft wieder herzustellen. Im Referenzmodell ITIL stellt Service Support einen eigenen Geschäftsprozess mit folgenden Aufgaben dar (Abb. 2): Legende: S Steuerung, D Leistungsdurchführung, V Vereinbarung. Z/R Zielvorgabe/Rückmeldung
Die Softwareentwicklung ist nicht Teil des Prozesses Service-Support, sondern wird als Umweltobjekt mit der Software-Wartung und –pflege beauftragt. LiteraturFerstl, Otto K. ; Sinz, Elmar J.: Grundlagen der Wirtschaftsinformatik. 7. Auflage. München : Oldenbourg, 2013. o.V. Was ist ITIL? http://www.itil.org/de (Abruf 10.08.2013).
Autor![]() Prof. Dr. Otto Ferstl, Universität Bamberg, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbes. Industrielle Anwendungssysteme, Feldkirchenstr. 21, 96045 Bamberg |